Stoneman

2020 sollte mal wieder ganz im Zeichen des Bergsports stehen, die Formkurve stieg stetig bis sich Mitte März dann alles änderte. Nach wochenlanger sportlicher Abstinenz, geschlossenen Kletterhallen und Ausgangsbeschränkungen zog ich dann doch des Öfteren das Rad, bzw. die Räder zum stillen des sportiven männlichen Triebes heran. Die App Strava (so ne Art Facebook für Sportler) sorgte für ausreichend Motivation, im direkten Vergleich auf diversen Streckenabschnitten rund um Dresden begann der Kampf um (eigene) Bestzeiten und so stieg die Formkurve in relativ kurzer Zeit auf ein für mich zufriedenstellendes Maß an. Ende Mai gelang der erste 100er und mit der Tour zum Jeschken am 20.06. glückte der vermeintliche Saisonhöhepunkt. Sollte es das gewesen sein? Nein!!! Mit Maik Krönert entschloss ich mich kurzfristig am 24.07. noch eins draufzusetzen. Stoneman! Vor zwei Jahren wurde von den Machern des Stoneman im Erzgebirge eine Straßenvariante geschaffen, über 290km und 5000hm führt die Strecke über Berg und Tal zwischen Fichtelberg und Altenberg auf ruhigen Straßen und in herrlicher Landschaft. Am 24.07. klingelt der Wecker, es ist 2Uhr. Geschlafen habe ich natürlich kaum. 2:30uhr scharfer Start, am Kaufpark Nickern stoße ich auf Maik. Am Abend zuvor entschlossen wir uns nach kurzem Dialog ab DD mit dem Rad zu fahren, getreu dem Motto „ganz oder gar nicht“. Vor uns liegen nun 355km / 6000hm und zugegeben Zweifel ob der Vielzahl an Höhenmetern. Ein letztes Mal stellen wir uns die Frage was machen wir hier um diese Zeit. Wollen wir nicht doch lieber Klettern gehen. Nein wollen wir nicht! Über Kreischa und Hochwaldstraße geht es nach Zinnwald, über den Kamm bis Dlouha Louka, wo wir bei sommerlichen 7Grad den Sonnenaufgang erlebten und erstmalig ins Böhmische Becken abfahren. Von hier an könnte man eigentlich immer im Tal bis zum Fuße des Keilberges fahren, aber nein irgendwie müssen die vielen Höhenmeter ja zustande kommen, also geht’s kurze Zeit später den Südhang in Richtung Deutschneudorf wieder hinauf, wir kreuzen zahlreiche Täler (ich dachte immer der Kamm wäre halbwegs eben) und rollen nach Chomutov wieder hinab ins Braunkohlebecken zum ersten großen Verpflegungsstopp (KM125). Entlang der riesigen Braunkohlelöcher und dem Flusslauf der Eger geht es, begleitet vom ersten (zum Glück auch einzigen) Motivationstief, zum größten Anstieg des Erzgebirges, 932hm auf 22km hinauf zum Keilberg. Bei 80min bergankurbeln kommt Alpenfeeling auf! Am Gipfel angekommen haben wir die Hälfte der Strecke hinter uns, nach ner schnellen Cola und nem Radler geht’s hinüber zum Fichtelberg Fichkona-Erinnerungen wecken und hinab nach Oberwiesental zum zweiten großen Verpflegungsstopp (KM190). Ab hier kreuzt die Strecke nun durch jedes Tal (durch verdammt viele Täler!!!) auf deutscher Seite zurück bis nach Altenberg, Aussichtsberge wie Bärenstein, 3 Brüderhöhe und Schwartenberg werden dabei selbstredend mitgenommen. Der Planet brennt, stetig dreht sich die Kurbel Bergauf und Bergab ohne zu überpacen. An der Ficherbaude füllen wir nochmal unseren Elektrolythaushalt auf und ich zähle die zu kreuzenden Täler bis Dresden rückwärts. Das Pöbeltal vergaß ich prompt und verfluche es als es sich uns in den Weg stellt. Bärenfels-Schmiedeberg. Letzte Pause vor dem Anstieg nach Oberfrauendorf. Ich hasse Bananen, Powerbar und Powergel kann ich auch nicht mehr sehen. Obwohl mein Trikot voll damit ist bekomme ich seit 4h keinen Bissen mehr runter. Und so kommt es, dass ich sehenden Auges in den Hungerast reinfahre, die letzten 30km bis Dresden ziehen sich wie ein Gummiseil, doch Zweifel kommt jetzt keiner mehr auf. 19:30Uhr-Ankunft DD, völlig im Eimer aber glücklich, 355km, 6000hm bei 14:30 Fahrzeit und 2,5h Standzeit liegen hinter uns. Wir hatten mit einen 25er Schnitt geplant, doch ich hatte nicht wirklich daran geklaubt, dass wir es schaffen würden. Umso größer die Freude nun es tatsächlich geschafft zu haben. Stoneman-Miriquidi-Road. Eine absolute Empfehlung auch als Mehrtagestour, abgelegene Straßen, keine Autos, keine Leute. Dunkelwald eben.

2 Kommentare bei „Stoneman“

  1. Klasse Peter! Spannend zu lesen.

  2. Respekt, klasse Ding.

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