Wie entstand die KVR (von Felix Wendschuh)
Heute zum 45. Stiftungsfest fühle ich mich als Mitbegründer der KVR veranlasst, Euch meine lieben Klubbrüder einen kleinen Überblick zu geben, wie wir Rohnspitzler entstanden sind.
Leider sind meine ausführlichen Tourenberichte von früher bei dem Terrorangriff auf Dresden mit vernichtet worden, so dass ich mir alles noch mal durch den Kopf gehen ließ, um Euch einen Bericht darüber zu geben.
Eine kleine persönliche Ergänzung von meinen ersten Klettertouren muss ich vorausschicken, damit der Anfang der KVR richtig verstanden wird.
Es war im Herbst 1901 als mir mein Freund Arthur Hoyer erzählte, dass sein großer Bruder einen Bergsteiger kennen gelernt habe, der in der Sächsischen Schweiz freistehende Felsen mit Seil besteigt und eine Beschreibung zur Besteigung des Hohen Torstein und Rauschenstein bekommen habe. Ich war begeistert und wir beschlossen, eine Tour dahin zu machen.
An einem Sonntag fuhren wir mit dem 4 Uhr Zug nach Krippen und wanderten nach den Schrammsteinen, dann den Wildschützweg hoch, auf die Schrammsteinaussicht. Hier mussten wir feststellen, dass wir einen starken Nebel hatten und kaum mehr 3 Meter weit sehen konnten, also auch nicht unser Ziel. Wir ließen uns aber nicht irre machen, stiegen über das Geländer und nun ging es zum Hohen Torstein zu. Hoyer hatte sich von seiner Mutter eine feste Wäscheleine organisiert und weil es im Nebel so unsicher war, seilten wir uns gegenseitig ein. Lange haben wir gesucht ehe wir das Drahtseil fanden, was in der Beschreibung angegeben war, denn der Nebel war so dicht, dass man ohne Führer nicht vorwärts kommen konnte. Als wir es nun endlich fanden, waren wir heilfroh und hinunter zur Scharte. Bals fanden wir den schwarzen Kamin durch den wir den Gipfel erreichten. Aussicht hatten wir keine, nur wenn der Wind den Nebel zerriß, konnten wir einen Augenblick das tiefe Tal sehen. Wir stiegen wieder zurück und suchten die Schwedenhöhle, welche wir auch bald fanden. Nach kurzer Rast machten wir uns auf den Marsch nach dem Rauschenstein. Der Nebel hatte sich ein wenig verzogen und es fiel uns nicht schwer auf dem Alten Weg den Gipfel zu erklimmen. Wir waren hoch befriedigt und beschlossen im Frühjahr 1902 den Mönchstein in Rathen zu versuchen. Im März (am 13.) 1902 ging es dann an den Mönch, aber leider war unsere Klettertechnik noch nicht so weit, um den Gipfel zu erreichen. Hoyer und ich zogen traurig von dannen. Wir gingen nun zur Gans und durchstiegen den Hartmannweg bis zum Gipfel. Wir drückten uns die Hand und gelobten uns dem Klettersport immer treu zu bleiben. Nach diesem Erleben erzählten wir unseren Freunden Hans Kühn und Oskar Elsner von unseren Touren. Dieselben waren auch gleich begeistert, schlossen sich nun unseren weiteren Bergtouren an. Bald sprachen sich unsere Bergtouren in Löbtau herum und es gesellten sich mehrere junge Leute zu uns. Im Juni 1902 gründeten wir in Löbtau den TouristenKlub „Steinschleuder“.
Sonntag für Sonntag oder auch schon am Sonnabend fuhren wir hinaus in unsere geliebten Berge. Es war eine herrliche Zeit, bald waren wir in Rathen oder in den Schrammsteinen, in Schmilka oder den Affensteinen. Auch im Bielatal waren wir zu finden. Bei den Sonnabendsfahrten waren Freilager meistens Mode und wir fühlten uns wohl bei dem Zigeunerleben.
Aber leider dauerte bei manchem Klubfreund die Begeisterung zur natur und zu unseren Bergen nicht lange und das Tanzbein zog mehr als die Kletterei. So flatterte Einer nach dem Anderen ab, und im Frühjahr 1904 wo die Kletterei wieder beginnt, waren nur die vier Mann Hoyer, Elsner, Wendschuh, Kühn, welche den Anfang gemacht hatten, noch aktiv.
Im Frühjahr 1904, als ich wieder einmal mit Arthur Hoyer den Gühnekamin an der Gans erklommen hatte und wir am Gipfel angekommen waren, um die Überschreitung selbst vorzunehmen, trafen wir mit zwei wilden Kletterern zusammen, die den Hartmannweg heraufkamen. Wir kamen ins Gespräch und erzählten uns von bisherigen Klettertouren, sowie auch von dem Klub „Steinschleuder“, dem wir ja noch angehörten und wir nur noch ein paar Mann übrig geblieben waren.
Nachdem wir lange auf dem Gipfel gesessen hatten, waren wir bei dem Erzählten soweit gekommen, dass wir uns geeinigt hatten, eine freie Vereinigung von Kletterern, ohne Statuten und Vereinsmeierei zu gründen. Auch sprachen wir davon wie wir uns nennen sollten und gingen die ganzen Felsen durch, den der Name Steinschleuder wollte uns nicht mehr gefallen. So erzählten Hoyer und ich, dass da im Großen Dom gleich am Domwächter, denn auf diesem waren wir schon gewesen, die Rohnspitze ist, welche uns als schwierige Kletterei bekannt war. Bei der Unterhaltung hatten wir ganz vergessen, uns gegenseitig vorzustellen und das wurde nun rasch nachgeholt. Unsere beiden neuen Freunde waren Hans Göpfert und Willy Scheffler.
Wir einigten uns und wählten den Namen „Rohnspitzler“, jedoch wollten wir erst die Rohnspitze besteigen, ehe wir als Rohnspitzler auftauchen wollten. Nun setzten wir unsere Überschreitung der Gans gemeinsam fort. Der Tag war vergangen, ohne weiteres zu unternehmen. In der Rosel wurde noch bei einem guten Glas Bier der Tag beendet und die Heimfahrt angetreten.
Um uns näher kennen zu lernen, unternahmen wir noch gemeinsame Klettereien und trafen uns in der Woche im Sidonienhof.
Am 03. Juli fuhren wir beiden Unzertrennlichen Hoyer und Wendschuh nach Krippen und wanderten hinaus nach dem Großen Dom. Wir sahen uns die Rohnspitze an, von allen Seiten, und stellten fest, dass es ein imposanter Fels ist und wir den Namen „Rohnspitzler“ annehmen wollten, wenn wir den Fels bestiegen haben. Wir steigen nun hoch und am Fels wurde erst noch kräftig gefrühstückt. Dann ging es ans Werk.
Im Kamin zwischen Domwächter und Rohnspitze stiegen wir ein. Hoyer als Erster und ich als Zweiter ging es hoch bis zum Einstieg zur Rohnspitze. Hoyer versuchte mehrmals in die Rinne zu kommen, stieg aber immer wieder zurück in den Kamin.
Er gab es auf und nun versuchte ich es. Hoyer verklemmte sich im Kamin, wo ich erst die Sicherung vorgenommen hatte und ich erhob mich hinaus aus dem Kamin. Die Füße an den Domwächter und die Hände an der Rohnspitze verklemmte ich mich an der Rippe, dann setzte ich ein Bein herüber und ließ das Andere fallen, so dass ich vor dem Einstieg hing. Ich machte einen Klimmzug und verstemmte mich mit dem Ellenbogen in der Rinne und hob nach und nach den ganzen Körper hinein.
Das Hauptstück war vollbracht. So konnte Hoyer nachkommen. Nun ging ich um die Ecke, den engen Kamin hoch und bald war der Gipfel erreicht. Ein Jauchzer und Hoyer war nun auch auf dem Gipfel. Ein fester Händedruck und mit Freudentränen bekundeten wir, dass wir „Rohnspitzler“ sind. Fest wollen wir zusammenhalten in Freud und Leid und unseren Bergen immer treu bleiben. Dies waren die Worte, die wir uns sagten, als wir uns die Hände drückten. Nach kurzer Umschau fanden wir auch ein kleines, aus wenigen Seiten bestehendes Gipfelbuch. Als Erstbegeher stand Dr. Rohn, Redakteur aus Tetschen und Dr. Brosin. Wir blätterten weiter und fanden, dass die Rohnspitze bei den ersten Besteigungen mit Hilfe eines Baumes, zwischen Rohnspitze und Domwächter eingeklemmt, als künstliches Hilfsmittel, erstiegen wurde, denn es stand bei der 2. Besteigung vor uns ein Zusatz dahinter, dass die Besteigung ohne künstliche Hilfsmittel gemacht worden war. Wir schreiben nun auch unsere Begehung ein und setzten zugleich unseren neuen Klubnamen „K.V. Rohnspitzler“ das erste Mal in ein Gipfelbuch ein, zugleich konnten wir feststellen, dass wir seit 1898 nach 6 Jahren die 10. Besteigung gemacht hatten.
Nach längerem Verweilen steigen wir zurück bis in den Hauptkamin und nun ging es noch auf den Domwächter.
Nach dem Abstieg wanderten wir wieder heimwärts. Beim Friebel wurde noch einmal Einkehr gehalten und dann ging es zur Bahn. Bei unserem wöchentlichen Zusammentreffen erzählten wir von unserer Tour und alle freuten sich mit uns, dass wir es geschafft hatten. Willy Scheffler hatte auch schon den Entwurf des neuen Klubabzeichens mitgebracht und es wurde gleich einstimmig angenommen.
Am darauf folgenden Sonntag waren alle zusammen auf der Rohnspitze. Die Gründer sind: Arthur Hoyer, Felix Wendschuh, Hans Kühn, Oskar Elsner, Hans Göpfert und Willy Scheffler.
Nach einem Jahr konnten wir im „Kleinen Wasserfall“ das 1. Stiftungsfest mit einer schon größeren Zahl von Mitgliedern feiern.